Neun Jahre hat es gedauert, bis die Kommission für Anlagensicherheit (KAS) ihren neuen Leitfaden 61 zur „Einstufung von Abfällen gemäß Anhang I der Störfall-Verordnung“ veröffentlicht hat, der den KAS-25 Leitfaden von 2012 ersetzt und online zur Verfügung steht. Der Leitfaden hilft dabei zu beurteilen, ob eine Anlage oder ein Betrieb aufgrund der vorhandenen Abfälle unter den Geltungsbereich der Störfall-Verordnung (12. BImSchV) fällt und aufgrund dessen besondere Pflichten für den Betreiber entstehen. Der neue Leitfaden räumt dabei bestehende Auslegungsschwierigkeiten des Vorgängerleitfadens aus, die dazu geführt haben, dass das Landesamt für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz Nordrhein-Westfalen (LANUV) im Juni 2018 eine Arbeitshilfe für die Einstufung von Abfällen nach Anhang I der 12. BImSchV als vorläufige Hilfestellung für die Vollzugspraxis in NRW (den sog. „NRW-Leitfaden“), veröffentlicht hat, der alle Altöle pauschal störfallrechtlich als umweltgefährdende Stoffe gem. der Kategorie E2 nach Anhang I der 12. BImSchV eingestuft hat. Immerhin bestand auch nach dem NRW-Leitfaden die Möglichkeit, dass ein Gegenbeweis angetreten werden kann um darzulegen, dass keine gefährlichen Eigenschaften gemäß der 12. BImSchV vorliegen und die Störfalleigenschaft somit verneint werden kann. Diesen Gegenbeweis hat der BVA durch die Beauftragung zweier Gutachten bei der Forschungs- und Beratungsinstitut Gefahrstoffe GmbH im November 2019 und Juni 2020 angetreten. Das unabhängige Institut kommt dabei zum Schluss, dass der Gehalt an potentiellen Kontaminanten (ausgewählte Schwermetalle, PAK, BTEX und PCB) in den untersuchten repräsentativen Altölproben (Altöle der SK I-IV, Spaltöle und Emulsionen) in keinem Fall die jeweils gültigen Grenzwerte überschritten hat, sodass sich weder eine pauschale Einstufung des Gemisches als gesundheitsgefährdend noch als umweltgefährdend rechtfertigen lässt. Die beiden BVA-Gutachten konnten damit von den Verbandsmitgliedern verwendet werden, um darzulegen, dass ihre Betriebe nicht störfallrelevant sind. Mit diesen Erkenntnissen ist der BVA auch auf die Kommission für Anlagensicherheit zugegangen. Dr. Detlev Bruhnke durfte die BVA-Gutachten im KAS-Ausschuss vorstellen und über Methodik und Hintergrund der Gutachten aufklären. So freut es uns, dass die Erwägungen des BVA auch in den neuen KAS-61-Leitfaden eingeflossen sind, der Altöle nicht mehr pauschal als störfallrelevant einstuft, sondern dies vom Überschreiten bestimmter zusätzlicher Schwellenwerte abhängig macht (zuvörderst ist hier Kapitel 13 des neuen KAS-61-Leitfadens (S. 216 ff.) zu nennen). Sollte die zuständige Behörde einen Einzelnachweis verlangen, stellen die Gutachten des BVA eine gute Anleitung dar, wie ein solches Gutachten aussehen könnte. Die Gutachten sind für Mitglieder des Verbandes kostenfrei abrufbar.